Der Bund fürs Leben – besiegelt durch den Standesbeamten und verkündet an der Juister Hochzeits-Stele!

Als Projekt hat die Juist-Stiftung zusammen mit dem Heimatverein die Finanzierung der Hochzeits-Stele vor dem Standesamt im Alten Warmbad übernommen. Über den gesamten Prozess der Entstehung von der Idee bis zur fertigen Skulptur lassen wir nun gerne den Künstler selbst zu Wort kommen: Ted van Melick, Leiter des Kunstarbeitskreises des Heimatvereins und auch Mitglied im Rat der Juist-Stiftung:

 

„Mitte 2017 sagte Hans Kolde zu mir, Ingo Steinkrauß „hat da so eine Idee“, wir sollten uns mal zusammensetzen. Was soll ich sagen, die Idee war großartig, und ich war dabei. Das Projekt Hochzeitsstehle nahm Gestalt an. Im kleinen Kreis wurden dann später einige Skizzen ausgewertet und auch dem Heimatverein präsentiert. Sie waren angetan und gaben ihr Einverständnis.

Der endgültige Entwurf zeigte ein sich küssendes Pärchen (Männlein – Weiblein) neben einer großen Wellhornschnecke mit obendrauf zwei Eheringen.

 

 

Nach einer gewisse Zeit entbrannte jedoch eine Diskussion über gleichgeschlechtliche Paare, die sich durch meiner Darstellung nicht berücksichtigt fühlten, geschweige denn ein Schildchen drauf anbringen zu wollen. Ich mag den weiblichen Körper und verspürte wenig Lust ein androgynes Duo zu gestalten. Es führte aber kein Weg an dieser Diskussion vorbei, und so entstand der zweite Entwurf:

Zwei Neutrums, die sich mögen neben eine große Wellhornschnecke mitobendrauf zwei Eheringen.

 

 

Alle waren glücklich, ich weniger und der Bauausschuss lies sich auch sportlich Zeit bis sie reagierten. In der Zwischenzeit änderte sich die Skulpturenlandschaft auf unserer schönen Sandbank. Es kamen zwei weitere Ergüsse dazu. Hinter dem Standesamt tauchte die Schwimmerin auf und vor der katholischen Kirche landete ein Erzengel.

Es war nun an der Zeit mir Gedanken zu machen. Für mich stand fest, für weitere Figuren in dieser Form war kein Platz mehr. Und so entstand mein dritter (finaler) Entwurf  – eine Wellhornschnecke und eine Weinbergschnecke mit obendrauf zwei Eheringen.

 

 

Der Heimatverein, die Juist-Stiftung und auch Ingo waren einverstanden und so begann ich dann endlich mit der Ausführung.

Nele Schmidt, unsere Töpferin hatte mir ihre Tonwerkstatt als Arbeitsplatz angeboten (an sie nachträglich vielen Dank), aber ich hatte mich inzwischen für Keramiplast als Formmaterial entschieden, um hieraus die Gussformen zu modellieren.

Dieses Material hatte für mich wesentliche Vorteile gegenüber Ton. Es entstehen beim Trocknen an der Luft keine Risse und es braucht nicht im Ofen gebrannt zu werden, um hart zu werden. Nach Aushärtung lässt es sich noch gut bearbeiten und schleifen.

(Nachfolgende Bilder zeigen das Muster der Platte und die einzelnen Gußformen.)

 

 

Nach der Fertigstellung der Gussformen habe ich diese einmal probegelegt auf der noch nicht verkleideten Betonsäule, um die Größenverhältnisse zur prüfen.

Die so entstandenen Gussmodelle hat dann die Firma Metallguss Harms in
Oldenburg nach meinen Vorgaben in Bronze gegossen. Hier wurde im übrigen auch die Badefrau gegossen.

Ich war vorher schon einige Male bei Herrn Harms, um über den Ablauf zu
sprechen und wegen einer anderen Sache, nämlich den verschwundenen 7.
Längengrad am Deich, den ich rekonstruiert habe und der jetzt auch hier
angefertigt wird.


Nach Fertigstellung der Statue habe ich zusammen mit Hans Pabst die Skulptur in Oldenburg abgeholt und mit seinem Flieger ab Westerstede auf die Insel gebracht, wir standen ja terminlich etwas unter Druck.


   

 

Das Anbringen der ersten Namensschildchen habe ich zusammen mit Franz
Tiemann getätigt. Er hat hierfür einen Spezialkleber besorgt, und ich habe eine Schablone erstellt, womit die Schildchen gerade angebracht werden können.

 

 

 

Über die jetzt vor dem Standesamt aufgestellte Statue gibt es folgendes zu sagen:


Die zwei sich berührenden Muschelformen stehen als Symbol für ein Paar, das  sich gefunden hat und bilden außerdem die Verbindung zu Juist. Die
Muschelgehäuse stehen auch für ein schützende Hülle, einen Ort um sich zurück zu ziehen, ein Dach über den Kopf – etwas, dass viele Paare nach der Hochzeit suchen.

Eigentlich sind es Schnecken – einmal die Wellhornschnecke, die mit ihrem
wunderschönen Gehäuse vielfältig in der Nordsee und am Strand anzutreffen ist. Auch die Weinbergschnecke findet man oft in den Dünen und Gärten auf Juist. Und gibt es etwas Entschleunigenderes als eine Schnecke? Die Weinbergschnecke ist im Gegensatz zu der Wellhornschnecke sowohl männlich als auch weiblich und symbolisiert hier auch das Gleichgeschlechtliche.

Die zwei Ringe obendrauf sind natürlich bei einer Eheschließung ein unverzichtbares Requisit. Die Rundung der gravierte Bodenplatte wird fortgeführt in der halb kreisförmige Pflasterung und ist angelehnt an die Bogenfenster vom Standesamt.

Ich bedanke mich bei der Juist-Stiftung und dem Heimatverein für das in mich gestellte Vertrauen. Es hat mir sehr viel Spaß gemacht dieses Projekt erfolgreich zu realisieren.“

 

Die Stele wurde am 7. September 2019 im Rahmen des ersten Juister Hochzeitspaar-Treffens feierlich enthüllt. Im Anschluss noch ein paar Impressionen von der Veranstaltung.

 

(Bilder im Text Ted van Melick; Galerie Franz Tiemann)