Blut geleckt - Stift gezückt!

Sieben bislang unbescholtene Personen haben sich in der vergangenen Woche auf Juist zusammengefunden, um Verbrechen zu begehen. Denn im evangelischen Pfarrhaus fand ein Krimi-Schreib-Workshop unter der Leitung der erfolgreichen Krimiautoren Sandra Lüpkes und Jürgen Kehrer statt. Organisiert wurde das spannende Seminar von der Juister Bürgerstiftung, die mit dem Erlös die Reparatur der Kirchenorgel unterstützen will, Sponsor ist die „Villa Altmanns“, wo die beiden Dozenten während des Kurses untergebracht waren.

In vier Tagen vom blutigen Anfänger zum Autor, der auf fünf Seiten geschickt falsche Fährten legt und am Ende den richtigen Riecher beweist – geht das überhaupt? „Und ob“, verrät Jürgen Kehrer, der bereits über dreißig Bücher geschrieben und mehrfach Workshops wie diesen veranstaltet hat. „Es gibt ein paar handwerkliche Dinge, die man beim Schreiben beachten muss, außerdem stehen wir als Profis ja mit Rat und Tat zur Seite.“ In Einzelgesprächen wurden aus den vagen Ideen der Teilnehmer konkrete Handlungsstränge entworfen, die Texte durchliefen ein präzises Lektorat, wurden umgearbeitet und optimiert. Bis sie am Donnerstagnachmittag in der Inselkirche von den Neu-Autoren bei einer Krimilesung vorgelesen werden konnten.

Nicht immer ging es um Mord und Totschlag, vielmehr standen menschliche Konflikte, fast vergessene Geheimnisse und viel Juister Inselflair im Mittelpunkt der Kurzkrimis. Ein Privatdetektiv, der am Strand nach Schwarzgeld sucht, ein mysteriöses Skelett im Pfarrgarten, eine Frau, die ihren nervtötenden Gatten in der Nordsee „baden lassen will“ – an kreativen Einfällen mangelte es bei dieser Veranstaltung nicht.

Außerdem wurde bei einem Besuch in der kleinen Polizeistation das Recherchieren gelernt und die Teilnehmer bekamen „Insiderwissen“ aus dem Literaturbetrieb vermittelt. Ob die Geschichten demnächst auch in Buchform erscheinen, wird noch überlegt. Für die Teilnehmer, die sich allesamt zum ersten Mal auf kriminellen Schreibpfaden bewegt haben, war es in jedem Fall ein Erfolg. „Jetzt habe ich Blut geleckt“, so eine schreibende Insulanerin, die nach vier Tagen konzentrierter Kriminalität nun aller Wahrscheinlichkeit nach zur Wiederholungstäterin werden wird.

(Text: Sandra Lüpkes; auf den Fotos: Jürgen Kehrer und eine Hobbyautorin Uta Jentjens)